© DAV LU - Sylvia Buhl

Via Alta della Verzasca

BS 03 - Fünf Tage ausgesetzt!

15.09.2025

Am 29. August haben wir, Sylvia, Ralf, Mikos, Lorenz und der Vierbeiner Lolo, uns auf den Weg zur Via Alta della Verzasca im schönen Tessin (Schweiz) gemacht.  In 6 Tagen wollten wir von Bellinzona über die Capanna Borgna, Capanna Cornavosa, Capanna D’Efra, Capanna Cognora und Capanna Barone nach Sogogno. Wir freuten uns auf schwere Bergwege zwischen T4 und T6, lange Etappen zwischen 8 und 10 Stunden Gehzeit und Übernachtungen auf typisch Tessiner Selbstversorgerhütten. 

Nachdem es aber am 28.8. in der Region bereits 100 l/m² geregnet hatte, und die Wettervorhersage eher instabiles Wetter voraussagte, waren wir schon darauf eingestellt, dass uns das ein oder andere Hindernis bevorstehen könnte. 

Die Anfahrt per Bahn nach Bellinzona konnten wir in vollen Zügen genießen, und es gab sogar 30 Minuten mehr Zugfahrt fürs gleiche Geld. Nach kurzer Bus- und Gondelfahrt erreichten wir unseren Startpunkt, die Monti di Mornera auf 1400m Höhe. Der heftige Regenschauer, der genau zu diesem Zeitpunkt einsetzte, ließ bald nach, und wir starteten unsere Tour bei leichtem und stetigem Regen. Der Aufstieg zur Capanna (Hütte) Borgna über gut 900 Höhenmeter dauerte rund 4 ½ Stunden. Bereits hier wurden wir mit einem spektakulären Ausblick auf Lago Lugano und Lago Maggiore belohnt. 

Auf der Hütte erwartete uns Hüttenwart Marco, der die Hütte ehrenamtlich betreut und nach Feierabend aufgestiegen war. Wetter- und saisonbedingt waren wir die einzigen Gäste und so hatten wir einen entspannten Abend und konnten in Ruhe unser Abendessen zubereiten.

 

 

Von Marco erfuhren wir, dass uns eine technisch anspruchsvolle Etappe bevorstand, an der nicht wenige Bergsteiger scheitern. Seine Empfehlung war, nicht zu früh zu starten und den Felsen etwas Zeit zum Trocknen zu lassen, damit wir in dem steilen und ausgesetzten Gelände nicht auch noch mit Nässe zu kämpfen hatten. 

So starteten wir am nächsten Tag erst um 10 Uhr. Die Entscheidung war goldrichtig, denn schon nach kurzer Zeit führte der Weg für mehrere Stunden über den Grat in felsigem, ausgesetztem Gelände mit zahlreichen Kletterstellen der Schwierigkeit 2 bis 3.

Der Weg war nur an wenigen Stellen versichert. Mit den für die Selbstversorgung üppig gepackten Rucksäcken war das schon für uns Zweibeiner eine Herausforderung.

Für Vierbeiner Lolo gab es zig nicht überwindbare Kletterstellen, bei denen wir ihn hochheben oder herunterlassen mussten.

Das kostete Kraft und Zeit und so kamen wir trotz weniger Pausen erst nach 9 Stunden, gerade noch bei Tageslicht, an der Capanna Cornavosa an. 

Im Gespräch mit anderen Bergsteigern auf der Capanna Cornavosa erfuhren wir, dass der Weg sich ähnlich fortsetzen würde. Im Hinblick auf schwere Rucksäcke, diverse Blessuren und einen lädiert anmutenden Lolo,

entschieden wir uns für eine Planänderung: Wir blieben auf der Capanna Cornavosa und machten am 3. Tag nur eine kleine Tagestour auf eine nahegelegene Alm. 

Am 4. Tag, für den ganztägig Regen angesagt war, war an Weitergehen in diesem Gelände ohnehin nicht zu denken. Wir legten einen Hüttentag ein, bevor wir am 5. Tag in gut 3 Stunden nach Lavertezzo abstiegen. 

Der Abstieg nach Lavertezzo führte uns durch ein wunderschönes Tal voller Wasserfälle und war nochmal ein echtes Highlight. In dem Dorf empfingen uns Julia und Holger, die mit uns angereist waren, aber verletzungsbedingt ein paar Tage im Tal gebucht hatten.

Insgesamt lässt sich sagen, dass das Verzasca-Tal landschaftlich traumhaft schön und jede Reise wert ist. Auch von den von Ehrenamtlichen liebevoll gepflegten und sehr gut ausgestatteten Selbstversorgerhütten waren wir begeistert. Die Schwierigkeit der Route hat uns allerdings auf dem falschen Fuß erwischt und war für uns anhand der verfügbaren Beschreibungen nicht richtig einschätzbar.  

Wer die Tour angeht, sollte mit leichtem Gepäck und in guter physischer Verfassung unterwegs sein sowie in der Lage sein, im 3. Grad ungesichert abklettern zu können oder Gurt und Klettersteigset mitnehmen. 

Dennoch konnten wir ein paar sehr schöne und erholsame Tage verbringen auf der Via Alta della Verzasca. 

 

Text: Lorenz Kunz